X-SMALL
SMALL
MEDIUM
LARGE
EXTRA LARGE
EXTRA EXTRA LARGE
×

24 Stunden auf Sendung

zurück zur Themenuebersicht

Ich spaziere durch die Strassen, ein Windhauch bläst mir sanft entgegen und streicht mir spielerisch durch das Haar. Sogleich steigt mir ein unangenehmer Geruch in die Nase. Dieser wird jedoch schon nach kurzer Zeit vom starken Duft der unzähligen Trauben, die hier praktisch in jedem Garten wachsen, überlagert.
Meine Augen schweifen renovationsbedürftigen Häuserreihen entlang. Die schiefen Gartenzäune benötigen einen neuen Anstrich, die Fenster sind von einer grauen Schmutzschicht bedeckt und an den Häuserwänden haben sich die Abgase schwarz verewigt. Weiter hinten ändert sich das Stadtbild, grosse, erdrückende Blocks, die sogenannten Plattenbauten, lösen die bescheidenen Einfamilienhäuser ab. Auf den engen Strässchen zwischen den riesigen Bauten liegt Schmutz und Abfall. Streunende Hunde und Katzen suchen nach Essbarem.
Obwohl die meisten Einwohner von Hermannstadt in den wie oben beschriebenen Vierteln wohnen, gibt es auch hier, wie in allen Städten, die Bessergestellten. Ihre Häuser unterscheiden sich von den anderen durch gepflegte Gärten, frisch gestrichene Fassaden und durch teure Autos oder sogar Boote auf dem Vorplatz.
Ich gehe weiter und gelange zu einem grossen, gelben Block, dessen Farbe jedoch schon ziemlich verblasst ist. Hier wohnt meine Austauschpartnerin.
Nach dem Klingeln öffnet sich die mehrmals verriegelte Wohnungstürtür, und ich kann einen Blick in die kleine 2-Zimmer-Wohnung werfen. Der Boden ist mit einem altmodisch gemusterten, farbigen Teppich bedeckt, an den Wänden hängen religiöse Bilder und die Fenster sind mit Vorhängen versehen.
Ich trete zaghaft in den geräumigen Korridor und schaue mich neugierig um. Zu meiner rechten Seite führt eine Tür in die Küche. In der Mitte steht ein kleiner, eckiger Tisch, in der rechten Ecke ein Sofa. Backofen, Spüle, Kochherd, Kühlschrank, Mikrowelle und natürlich auch der Fernseher fehlen nicht. Hinten in der Küche führt eine Tür in die Vorratskammer.
Ich gehe in „mein“ Zimmer, das ich für diese Woche bewohne, sonst aber meiner Austauschpartnerin gehört. Meine Füsse betreten den auch hier gemusterten, weichen Teppich. Die gesamte Einrichtung erinnert mich an die Wohnung meiner Grossmutter. Ein Sofa älteren Modells dient auch als Bett. Die Regale an den Wänden sind gefüllt mit unzähligen Büchern und die vielen Vitrinen mit buntem Porzellangeschirr, Puppen oder Plüschtieren. Auf einem kleinen Pult steht ein Computer mit Internetzugang. Mein Blick fällt auf den Fernseher, der in keinem Zimmer der Wohnung fehlt.
„Willst du duschen?“ Ich schrecke aus meinen Gedanken auf. „Ja gerne.“ Ich begebe mich in ein winziges Badezimmer. Neben der Toilette, dem Lavabo und der Badewanne steht auch noch eine Waschmaschine. Am Wannenboden hat es gelb verfärbte Kalkablagerungen, das Lavabo ist leicht verschmutzt, zudem wirkt das ganze Badezimmer abgenutzt.
Ich stelle das Wasser an und schalte die Brause an. Das Wasser läuft mir wohlig warm über das Gesicht und hinterlässt in meinem Mund einen bitteren Geschmack, denn das Wasser hier ist nicht zum Trinken geeignet. Lange stehe ich unter der Dusche, Wasserprobleme scheint man hier nicht zu haben, so wurde mir versichert. Später föhne und glätte ich mir das Haar, denn auch der Strom funktioniert hier bestens.
Auch durfte ich einen Blick in das Zimmer der Eltern werfen, welches dem „meinen“ ziemlich ähnlich ist. Ein Sofa, das auch als Bett dient, Schränke mit Vitrinen, Teppich und der Fernseher.
Das ganze Haus macht auf mich einen sehr ordentlichen Eindruck.
Dennoch: Im Vergleich zur Schweiz wohnen die Leute bescheidener. Das Äussere der Häuser wird nicht so gepflegt wie bei uns. Den Fassaden fehlt ein neuer Anstrich, und die Gärten wirken vernachlässigter, während das Innere sehr aufgeräumt und auch ziemlich sauber erscheint. Die Einrichtung ist jedoch nicht modern und wirkt abgenutzt. Mit scheint, als würden die Leute hier in andere Dinge als in ihre Behausung investieren, z. B. in Autos, elektronische Geräte oder Kleider.
Was mir auch noch aufgefallen ist? Dass der Fernseher immer läuft, und nicht nur einer, sondern meistens zwei oder drei gleichzeitig.

Deborah

zurück zur Themenuebersicht