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Äpfel und Birnen sind nicht dasselbe, aber fast…

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Nachts in Hermannstadt - umhüllt von der Dunkelheit der späten Stunde - sieht alles gleich aus. Wenn jedoch die Sonne am Morgen aufgeht und Hermannstadt bescheint, erwacht vor meinen Augen eine Vielfalt von Farben, die die Stadt in ein lebendiges, farbenfrohes Gemälde verwandelt. Aus diesem Bild sticht eine kleine Gruppe besonders heraus, die sogenannten Sinti. Obwohl sie zu den Ärmsten gehören und ihre Kleidung überhaupt nicht als modisch bezeichnet werden kann, sorgen sie für den farbigen Hintergrund der sonstigen Gesellschaft. Ebenfalls nicht sehr modisch im eigentlichen Sinne, jedoch sehr traditionell pflegen sich die älteren Bewohner Hermannstadts zu kleiden. Vor allem bei der sonntäglichen Messe wird die typische traditionelle Bekleidung Rumäniens aus dem staubigen Schrank herausgeholt. Bei den Frauen handelt es sich um eine schön bestickte Bluse, die je nach Region variiert, einen passend bestickten Rock und ein Kopftuch. Männer tragen eine bestickte Bluse, eine weisse Hose und einen knallig bunten Gürtel.
Wenn man durch das Stadtzentrum spaziert, fällt auf, dass vorwiegend Läden mit rumänischen Marken zu sehen sind, welche meistens Eigenprodukte verkaufen, die von mangelhafter Qualität sein sollen. Das liege daran, das die Eigenindustrien äusserst interessiert sind, möglichst häufig zu exportieren und so mehr Gewinn einzuholen. Und so bewahren sie ihre besten Produkte für das Ausland auf. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die ein Modebewusstsein einigermassen so pflegen, wie wir es kennen, bewirkt dieses Verhalten der Inlandgeschäfte wiederum eine besondere Vorliebe für Importe aus dem Ausland. Daher ist ihre Kleidungsart nicht weit entfernt von der unsrigen. Es gibt aber auch Ausnahmen, die sich „speziell“ kleiden: Es sind die sogenannten Manelisten mit enganliegenden Hemden, die meistens von einer etwas gewöhnungsbedürftigen Farbe wie z.B. baby-pink sind oder sogar aus einem netzartigen Stoff bestehen, (sie stellen gerne ihre „Muskeln“ zur Schau…), rechteckigen Schuhen mit Holzsohle und auffallenden Frisuren mit äusserst viel Gel, so dass man denkt, ihre Haare seien aus Plastik.
Was mir auch auffiel, während ich Hermannstadts Strassen durchstreifte, war dass alle weiblichen Geschöpfe, mit seltenen Ausnahmen, äusserst feminin gekleidet waren und immer gut gepflegt aussahen. Niemand bewegte sich in lumpigen, kaputten oder schmuddeligen Kleidern.
In Hermannstadt gibt es auch Schuluniformen. Allerdings bekam ich sie nur ein einziges Mal zu Gesicht. Man hat mir erklärt, dass der Schuluniformzwang kein allgemeines Muss sei, sondern nur von der Schule nach Einwilligung der Eltern verlangt werden könne. Die Uniformen, die ich sah, bestanden aus einer zweifarbig karierten Jacke, einer weissen Bluse mit Krawatte oder T-Shirt, dazu für die Mädchen einen karierten Rock und für die Knaben eine dunkle Hose.
Ausserhalb des Stadtzentrums bot sich mir ein ganz anderes Bild. Den Rumänen, die in den Dörfern leben, scheint die Mode gleichgültig zu sein. Da ihre alltäglichen Beschäftigungen meist im Kontakt mit der Natur stehen, bevorzugen sie bequeme und praktische Kleider. Nur sonntags, zur Messe eben, ziehen Sie ihre besonderen Kleidungsstücke an.
Obwohl in Hermannstadt wie auch bei uns das Aeussere gepflegt wird, hatte ich in der Stadt niemals das Gefühl, mit Blicken von oben bis unten zuerst gemustert zu werden, bevor ich angesprochen wurde, was ich als wirklich angenehm empfand.
Die Menschen in Hermannstadt bleiben sich trotz der modischen Vorlieben treu. Sie machen sich hübsch, um ihr Selbst zu betonen und nicht, um irgend jemand mit einem bestimmten Stil zu imitieren…

Anahi

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