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Andere Länder andere Sitten?

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Durch den Austausch mit dem Brukenthal Gymnasium in Hermannstadt konnte ich einen grossen Einblick in das Alltagsleben einer rumänischen Familie gewinnen. Ich war etwas erstaunt, als ich feststellte, dass meine rumänische Familie sehr modern und einer Familie aus der Schweiz sehr ähnlich ist. Altmodische Familien, die ich erwartet hatte, in denen man mit 14 Jahren jemanden heiraten muss, den die Eltern bestimmt haben, gibt es laut meiner Austauschpartnerin heute kaum noch in Rumänien. Über das Heiraten können die Kinder in einer modernen rumänischen Familie selbst entscheiden. Es ist ihnen freigestellt, wen und wann sie heiraten möchten. Man heiratet ungefähr im Alter von 20-30 Jahren und hat durchschnittlich 2-3 Kinder. Ganz dementsprechend haben die Eltern in meiner Gastfamilie mit ca. 20 Jahren geheiratet und zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn. Die beiden sind 16 und 15 Jahre alt. Es gibt auch viele Patchworkfamilien, denn Scheidungen sind in Rumänien keine Seltenheit und kommen vor wie in der Schweiz.
Wie bei uns wohnt oft die ganze Familie in einem Haus. Manchmal ist auch noch die Grossmutter dabei. In meiner Gastfamilie leben die Eltern mit ihrem Sohn in einem Haus in einer kleinen Stadt in der Nähe von Hermannstadt. Die Grossmutter mütterlicherseits wohnt auch dort, aber sie hat ihren eigenen kleinen Bauernhof, auf dem sie lebt. Die Tochter lebt in einer Wohnung in Hermannstadt, wo sie zur Schule geht. Sie kann ihre Familie nur ungefähr zweimal im Monat besuchen. Sie ist es sich allerdings schon gewohnt, ihre Familie nicht oft zu sehen, denn bereits im Alter von 6 Jahren zog sie von zu Hause weg in ein Internat. Dies kommt in Rumänien oft vor, denn meistens können die Kinder nur so eine wirklich gute Schule besuchen. Die Miete für die Wohnung, die gewiss nicht billig ist, bezahlen die Eltern. Diese arbeiten beide. Die traditionelle Variante, dass der Vater arbeitet und die Mutter zu Hause bleibt, kocht und sich um die Kinder kümmert, ist in Rumänien zwar noch vertreten, aber die Variante, dass beide Elternteile arbeiten, verbreitet sich immer mehr.
Wie oft oder ob die Familie überhaupt in die Ferien geht, hängt von der Entscheidung der Familie ab. Da es meiner Gastfamilie nicht an Geld mangelt, können sie es sich leisten, Ferien zu machen. Meist verreisen sie aber alleine oder zu zweit. Dies ist ganz anders bei kurzen Ausflügen. An Wochenenden fährt oft die ganze Familie zusammen weg und besucht eine Stadt oder geht gemeinsam essen.
Essen mit der Familie ist besonders an Feiertagen sehr wichtig. Man kocht wie wild, und die ganze Familie ist beisammen. In traditionellen Familien kommt an Feiertagen oft auch die ganze Verwandtschaft zusammen. In modernen Familien feiert meistens die Familie nur im engeren Kreis, was nicht heissen soll, dass ihnen die Verwandten nicht wichtig sind. Besonders die Grosseltern sind für die meisten etwas besonderes. Wenn meine Austauschpartnerin ihre Eltern besucht, gehr sie auch immer bei ihrer Grossmutter auf dem kleinen Bauernhof vorbei und übernachtet dort. Neben Familie und Verwandten sind auch Freunde sehr wichtig. In ihrer Freizeit gehen die rumänischen Jugendlichen in Hermannstadt oft zusammen aus, um etwas zu trinken, zu tanzen oder einfach nur um zu plaudern oder spazieren zu gehen, so wie wir das in der Schweiz auch tun.
Man sagt, dass andere Länder andere Sitten haben, doch ich habe in dieser Woche, die ich in Rumänien verbracht habe, festgestellt, dass Rumänien und die Schweiz, zumindest was das Familienleben betrifft, sich sehr ähnlich sind.

Aline

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