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Wie die Paste zum Salat wird

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Mit offenen Armen werde ich empfangen und sogleich in die Küche geführt. Auf einem relativ kleinen Tischchen befindet sich schon eine umso grössere Auslage an Speisen. Die Tatsache, dass Mitternacht bereits überschritten war und des Gastes Bauch schon auf der Reise reichlich gefüllt wurde, scheint keinen gross zu interessieren. Die rumänische Gastfreundschaft macht ihrem Namen wirklich alle Ehre. Der energiereiche Mitternachtssnack, bestehend aus getoastetem Brot, Gemüsehäppchen, diversen Brotaufstrichen und ebenso vielen Brotbelägen, entpuppte sich als sehr köstlich und zu meiner Freude durfte ich dasselbe am folgenden Morgen nochmals geniessen.
Käse- und Rahmaufstriche sind besonders beliebt und werden entweder auf das Brot oder die Wurst gestrichen. Etwas verwundert entdecke ich auf einigen Produkten deutsche Markennamen wie "Hochland" oder "Ehrmann". Allerdings verrät ein kurzer Blick auf das Kleingedruckte, dass diese Produkte in Sighi?oara hergestellt wurden.
Neben Streichkäse und Philadelphia entdecke ich etwas Unbekanntes: "Salat? de Icre". Dabei handelt es sich nicht etwa um einen exotischen Salat, sondern vielmehr um eine Paste aus Fischeiern. Traditionellerweise streicht man diese auf ein getoastetes Brot und legt geschnittene Paprika darauf. Ein Gedicht, sage ich.
Das getoastete und bereits geschnitten gekaufte Brot erwartet mich auch zum Mittagessen wieder. Allerdings hier nur als Beilage zu einem köstlichen Paprika?. Auch Jonathan Harker durfte ja in Genuss dieser Spezialität kommen und war, wie ich, ganz begeistert davon. Gebratenes Huhngeschnetzeltes an einer würzigen Paprika-Rahmsauce ist wirklich eine Kombination, welche meinen Geschmacksknospen Freude bereitet.
Eine weitere traditionelle Speise ist das M?m?liga, das mit unserer Polenta zu vergleichen ist, aber etwas weniger körnig ist und mit Rahm und Käse, was in Schüsselchen in der Mitte des Tisches bereitsteht, gemischt wird.
Auffallend ist, dass bei jeder Mahlzeit, auch beim Frühstück, geschnittenes Gemüse, wie zum Beispiel Gurken und Paprika, in der Mitte des Tisches zu finden ist. An diesem bedient man sich laufend, ohne aber die Stücke in seinen Teller zu schöpfen.
Falls bei irgendeiner Mahlzeit einmal das Brot ausbleiben sollte, liegt es wahrscheinlich daran, dass man Müsliflocken mit warmer Milch und Honig aufgetischt bekommt. Was zugegeben sehr gewöhnungsbedürftig, aber ziemlich lecker ist. Nun, vielleicht erfreue ich mich bei Esswaren einfach eines zu grossen Spektrums, als dass man meine Angaben als verbindlich ansehen kann. Probieren sollte man es aber auf jeden Fall einmal.
Nach dem Hauptgang gibt es ein Dessert, vor allem eine reiche Auswahl an Früchten oder wunderbaren Kuchen, die sich an Süsse übertreffen zu wollen scheinen. Solch deftige Kost ist nicht jedermanns Sache und einige verwöhnte Schweizer Mägen sind der ganzen Dauerbelastung überhaupt nicht gewachsen, aber die Rumänen haben da so ihre hochprozentigen Tricks, die sie in Form von Schnaps zu Beginn des Essens zu sich nehmen.
In einem rumänischen Haushalt läuft oft der Fernseher, allerdings ohne immer beachtet zu werden. Sollte es einmal vorkommen, dass es eine Sendung gibt, die man konzentriert verfolgen möchte, so fehlt auch hier die Verpflegung nicht.
schokoladen- und zuckergussüberzogene Lebkuchen und eine grosse Schüssel Früchte stehen einladend zwischen den Fernsehenden. Andere beliebte Snacks sind Kürbis- und Sonnenblumenkerne, die sich noch in der Schale sowie überall im Haus befinden und von denen man sich bei jeder Gelegenheit bedienen soll.
Wenn man sich nun gerade nicht in einem Haus aufhält, gibt es trotzdem genügend Möglichkeiten sich den Bauch voll zu schlagen. Wenn man so durch Sibiu spaziert, entdeckt man zahlreiche Porrumb- (Maiskolben-) Stände, einige private Fast-Food-Restaurants, Fornetti-Kioske und hübsche Cafés. In den letzteren treffen sich junge Rumänen stets, um zusammen "einen Saft zu trinken" und sich an einem köstlichen Kuchenstück zu laben.
Eingekauft wird meist in kleinen, spezialisierten Geschäften und eher selten im Supermarkt, da sich die meisten sowieso ausserhalb in Shopping-Centern befinden.
Ob es nun in ganz Rumänien so ist oder nicht... Sibiu bleibt mir nicht hauptsächlich als kulturelle, sondern vor allem als kulinarische Hauptstadt in Erinnerung.

Lia

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